not yet, 2018
hallenbad – kultur am schachtweg, wolfsburg
ldpe foil, fluorescent tubes
⸻
Ein lautes Leuchten, sich zeitgleich überlagernd, simultaner Ton locken Menschenmengen an. Verleiten und geleiten sie zu einer endlos langen Nacht. Auf ihrem Weg hin zum Getümmel durchqueren sie eine dunkle Seitenstraße, ziehen an ihr vorbei, fliehen durch sie hindurch. Verharren nicht. Die Straße hält die Mengen nicht, ist bloß ein Verbindungspunkt zwischen dem Zuhause und dem Ziel. Ein Nicht-Ort. Ein Transitort.
Der spärlich beleuchtete Weg führt an der Seitenwand eines ehemaligen Wolfsburger Schwimmbades entlang. Heute ist es ein Kulturzentrum. Sein Eingang schaut auf die laut leuchtende Kneipenmeile und beide sprechen miteinander, zueinander und beide schauen sie einander an und werfen sich gelegentlich paar Lichter zu. Gemeinsam rufen sie den Schwarm und halten ihn so lang es geht.
Kurz bevor die Durchreisenden ihr Ziel erreichen, überfällt sie dieses strahlend weiße Licht, es überfallt die Nacht. Die unbeständigen Zuschauer betreten ein Freilichtspiel ohne Zuschauerbänke. Seine Bühne ist eigentlich ein Schaufenster an der Seitenwand des Hallenbades. Es schwebt über der Erde, ragt aus dem Gebäude hinaus. Darin hängen 26 Leuchtstoffröhren. Schweben über dem Boden des schwebenden Kastens, füllen den gesamten Raum. Ihre unteren Enden halten sich an der Innenwand, ihre oberen an der Glasvitrine. Gleichzeitig halten sie eine Abdeckfolie, oder Vielzweckfolie, oder Plane. Ein langes transparentes Kleid jedenfalls, das sich über ihre Köpfe schmiegt und sanft zu Boden fällt. Hinter dem fragilen Vorhang lässt sich der nackte Körper gut erahnen. In der Nacht noch besser als am Tage. Das Tageslicht trübt die Sicht und vermischt die Lichter. Macht aus dem blendenden Glanz einen subtilen Schein. Wandelt das Koberfenstern in eine unvollendete Vitrine. Wann sie vollendet wird, ist allerdings nicht klar.
Bosnićs Arbeit heißt „Not Yet“. Jetzt wird also nichts verraten oder nicht entstehen. Noch nicht? Nicht jetzt! Nicht jetzt bedeutet nicht nie, nur nicht jetzt eben. Aber wann dann, wenn nicht jetzt? Vielleicht bleibt das „Nicht Jetzt“ für immer? Für die gesamte Zeit der Ausstellung. Ohne Anfang, ohne Ende. Ein endloses Warten. Ein Warten ohne Ende. Ein leeres Versprechen? Die Ungewissheit als Dauerzustand. Noch ein Schwebezustand! Einer von vielen. Denn alle Räume, die die Arbeit an sich reißt, eröffnet oder überlappt sind zyklischen Schwebezuständen ausgesetzt.
Wenn um ein Uhr Nachts die Lichter ausgehen und die Seitenstraße von der Schwärze eingesogen wird, dann bietet dieser Ort all jenen Schutz, die vor den Blicken der anderen fliehen wollen, oder nach Hause eilen müssen. Und das ist die Geburtsstunde des Nicht-Ortes. Eines Raumes frei von Identität.
Stunden später, wenn das Licht am Tag wieder erwacht und man als Vorbeiziehende/r meint man schreite bloß an etwas sich im Bau befindlichem vorbei, dann weckt auch das gewissermaßen Zuversicht, nicht einsam und allein an jenem Ort zu sein. Dann wird ein Raum betreten, ohne betreten zu werden. Geradezu paradox. Man wird zu einem Teil des sich stets Wandelnden ohne als ZuschauerIn an der Arbeit selbst zu partizipieren.
Doch Bosnić wandelt nicht bloß Räume, vielmehr verwebt er den von ihm geschaffenen mit dem bereits vorhandenen, reagiert auf ihn. Unmerklich, als wären diese deckungsgleich. Was entsteht, ist ein materialisierter Zwischenraum: Eine Situation, zwischen einem immersiven und einem durchlässigen Zustand. Ein Potenzial, eine Ansammlung an Möglichkeiten. Schlussendlich eine Differenz und somit ein Zwischenton, zwischen dem Verweilen und der Eile, dem Anfang und dem Ende, dem Vollbrachten und dem noch nicht Vollendetem, nicht jetzt jedenfalls.
Agnese Kušnere
⸻
not yet, 2018
hallenbad – kultur am schachtweg, wolfsburg
ldpe foil, fluorescent tubes
⸻
Ein lautes Leuchten, sich zeitgleich überlagernd, simultaner Ton locken Menschenmengen an. Verleiten und geleiten sie zu einer endlos langen Nacht. Auf ihrem Weg hin zum Getümmel durchqueren sie eine dunkle Seitenstraße, ziehen an ihr vorbei, fliehen durch sie hindurch. Verharren nicht. Die Straße hält die Mengen nicht, ist bloß ein Verbindungspunkt zwischen dem Zuhause und dem Ziel. Ein Nicht-Ort. Ein Transitort.
Der spärlich beleuchtete Weg führt an der Seitenwand eines ehemaligen Wolfsburger Schwimmbades entlang. Heute ist es ein Kulturzentrum. Sein Eingang schaut auf die laut leuchtende Kneipenmeile und beide sprechen miteinander, zueinander und beide schauen sie einander an und werfen sich gelegentlich paar Lichter zu. Gemeinsam rufen sie den Schwarm und halten ihn so lang es geht.
Kurz bevor die Durchreisenden ihr Ziel erreichen, überfällt sie dieses strahlend weiße Licht, es überfallt die Nacht. Die unbeständigen Zuschauer betreten ein Freilichtspiel ohne Zuschauerbänke. Seine Bühne ist eigentlich ein Schaufenster an der Seitenwand des Hallenbades. Es schwebt über der Erde, ragt aus dem Gebäude hinaus. Darin hängen 26 Leuchtstoffröhren. Schweben über dem Boden des schwebenden Kastens, füllen den gesamten Raum. Ihre unteren Enden halten sich an der Innenwand, ihre oberen an der Glasvitrine. Gleichzeitig halten sie eine Abdeckfolie, oder Vielzweckfolie, oder Plane. Ein langes transparentes Kleid jedenfalls, das sich über ihre Köpfe schmiegt und sanft zu Boden fällt. Hinter dem fragilen Vorhang lässt sich der nackte Körper gut erahnen. In der Nacht noch besser als am Tage. Das Tageslicht trübt die Sicht und vermischt die Lichter. Macht aus dem blendenden Glanz einen subtilen Schein. Wandelt das Koberfenstern in eine unvollendete Vitrine. Wann sie vollendet wird, ist allerdings nicht klar.
Bosnićs Arbeit heißt „Not Yet“. Jetzt wird also nichts verraten oder nicht entstehen. Noch nicht? Nicht jetzt! Nicht jetzt bedeutet nicht nie, nur nicht jetzt eben. Aber wann dann, wenn nicht jetzt? Vielleicht bleibt das „Nicht Jetzt“ für immer? Für die gesamte Zeit der Ausstellung. Ohne Anfang, ohne Ende. Ein endloses Warten. Ein Warten ohne Ende. Ein leeres Versprechen? Die Ungewissheit als Dauerzustand. Noch ein Schwebezustand! Einer von vielen. Denn alle Räume, die die Arbeit an sich reißt, eröffnet oder überlappt sind zyklischen Schwebezuständen ausgesetzt.
Wenn um ein Uhr Nachts die Lichter ausgehen und die Seitenstraße von der Schwärze eingesogen wird, dann bietet dieser Ort all jenen Schutz, die vor den Blicken der anderen fliehen wollen, oder nach Hause eilen müssen. Und das ist die Geburtsstunde des Nicht-Ortes. Eines Raumes frei von Identität.
Stunden später, wenn das Licht am Tag wieder erwacht und man als Vorbeiziehende/r meint man schreite bloß an etwas sich im Bau befindlichem vorbei, dann weckt auch das gewissermaßen Zuversicht, nicht einsam und allein an jenem Ort zu sein. Dann wird ein Raum betreten, ohne betreten zu werden. Geradezu paradox. Man wird zu einem Teil des sich stets Wandelnden ohne als ZuschauerIn an der Arbeit selbst zu partizipieren.
Doch Bosnić wandelt nicht bloß Räume, vielmehr verwebt er den von ihm geschaffenen mit dem bereits vorhandenen, reagiert auf ihn. Unmerklich, als wären diese deckungsgleich. Was entsteht, ist ein materialisierter Zwischenraum: Eine Situation, zwischen einem immersiven und einem durchlässigen Zustand. Ein Potenzial, eine Ansammlung an Möglichkeiten. Schlussendlich eine Differenz und somit ein Zwischenton, zwischen dem Verweilen und der Eile, dem Anfang und dem Ende, dem Vollbrachten und dem noch nicht Vollendetem, nicht jetzt jedenfalls.
Agnese Kušnere
⸻
back to top
© Matej Bosnić 2022, all rights reserved.